Skalierung von Spektren

Magnituden- und Powerspektrum

Es gibt mehrere gängige Arten, das Spektrum auszuwerten:

Die Verwendung des Leistungsspektrum ist dann sinnvoll, wenn Leistungswerte aufsummiert bzw. zusammengefasst werden, da die quadrierten Spektralwerte |X[k]|2 über das Parseval'sche-Theorem exakt mit dem Effektivwert des Zeitsignals zusammenhängen.

Das Parseval’sche Theorem besagt, dass die Leistung des Signals x[n] in der Zeitdarstellung gleich der Leistung des Signals in der Fourier-transformierten ist:

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Wird nun der RMS-Wert (Effektivwert) des Signals x[n] berechnet, kann man dies im Zeitbereich oder im Frequenzbereich realisieren, da beide Darstellungen bezüglich der Leistung identisch sind:

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In der Praxis können so z. B. RMS-Werte für eingeschränkte Frequenzbereiche eines Signals berechnet werden. Praktische Skalierungsoptionen der Condition Monitoring Bibliothek die sich auf die benannten Eigenschaften in diesem Abschnitt beziehen sind z. B. eCM_ROOT_POWER_SUM sowie eCM_RMS.

Die Spektrale Leistungsdichte

Ein weiterer für die Auswertung von Spektren wesentlicher Begriff ist die Spektrale Leistungsdichte oder Power Spectral Density (PSD). Sie bezeichnet den Leistungswert bezogen auf die effektive Frequenzauflösung, welche durch die Equivalent Noise Bandwidth (ENBW) angegeben wird

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Ein Blick auf die physikalischen Einheiten von Signal, Betragsspektrum und PSD erläutert anschaulich die Zusammenhänge. Wird ein Signal x[n] in Volt (V) gemessen, so wird das diskrete Betragsspektrum |X[k]| ebenfalls in Volt angegeben. Durch das Quadrieren wird das Leistungsspektrum in V2 dargestellt. Das Leistungsdichtespektrum soll nach Definition eine Leistungsgröße (V2) bezogen auf die Frequenz in Hz darstellen. Durch Beziehung des Leistungsspektrums auf die effektive Frequenzauflösung in Hertz (Hz) ergibt sich die Einheit V2/Hz.

Ebenfalls kann diese Darstellung für Magnituden-Werte genutzt werden. Es ergibt sich entsprechend die sogenannte Linear Spectral Density (LSD) zu

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Dezibel-Skala

In der Schwingungsanalyse und Maschinenakustik ist die Umrechnung von Werten von der linearen in die logarithmische „Dezibel-Skala“ gebräuchlich. Die Dezibel-Skala ermöglicht eine gute Interpretation, wenn sowohl sehr große Werte als auch sehr kleine Werte in einem Spektrum vorkommen und sowohl in Bereichen großer sowie kleiner Werte ausgewertet werden soll. Die Umrechnung des Betragsspektrums in die Dezibel-Skala erfolgt über:

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Die Dezibel-Skala kann sowohl über 10 Mal den Logarithmus des Leistungsspektrums als auch 20 Mal den Logarithmus des Magnitudenspektrums berechnet werden. Das Ergebnis einer Berechnung aus FB_CMA_MagnitudeSpectrum und FB_CMA_PowerSpectrum ist also in der Dezibel-Skala identisch.

Die Umrechnung von Ergebnissen in die Dezibel-Skala wird von der Condition Monitoring Bibliothek komfortabel über eine Bool’sche Variable in den Funktionsbaustein-Initialisierungsparametern aktiviert, siehe z. B. ST_CM_PowerSpectrum_InitPars.

Skalierungsoptionen nach Signaltyp

Durch die Auswahl einer passenden Skalierungsoption können die durch den Powerspektrum oder Magnitudenspektrum Baustein berechneten Spektralwerte automatisch auf eine gewünschte Referenzgröße angepasst werden. Die richtige Interpretation der Referenzgröße ist hierbei von besonderer Bedeutung.

Bei den Skalierungsoptionen ist in der Praxis und unter der Annahme eines stationären Signals zunächst wichtig zu unterscheiden zwischen deterministischen und stochastischen Signalen.

Deterministische Signale bestehen aus periodischen Schwingungen mit definierter Frequenz. Entscheidend ist, dass die Frequenzauflösung (ENBW) breiter ist als eine harmonische Frequenz. Also ist die gesamte Leistung dieser Frequenzkomponente des Signals in diesem Frequenzkanal zusammengefasst. Daher sind die Spektralwerte direkt auf eine Amplitude (Skalierungsoption eCM_PeakAmplitude) oder einen RMS-Wert eines äquivalenten Sinussignals skalierbar. Wenn das Signal nicht in die Mitte des Frequenzkanals fällt, treten sogenannte Scalloping Losses auf, vgl. Abschnitt Fensterfunktionen, welche die beobachtete maximale Amplitude vermindern. Neben der Verwendung eines Flat-top-Fensters, kann dies nachträglich bei Verwendung eines bspw. Hann-Fensters ausglichen werden, indem die Power-Werte aus benachbarten Frequenzkanälen summiert ausgewertet werden, siehe Skalierungsoption eCM_ROOT_POWER_SUM sowie eCM_RMS.

Stochastische oder breitbandige Signale erfordern die Auswertung von Power Spectral Densities (PSD) bzw. Linear Spectral Densities (LSD), da über einen definierten Frequenzbereich alle Frequenzen Signalleistung beinhalten. In diesem Fall sind die ermittelten Leistungswerte abhängig von der effektiven Breite der Frequenzkanäle der FFT. Sie müssen sinnvollerweise auf diese Bandbreite bezogen werden, um Resultate zu erhalten, die von den Parametern der Auswertung unabhängig sind. Weil die effektive Breite der Frequenzkanäle bei der Verwendung von Fensterfunktionen von der Länge und Form der Fensterfunktion abhängt, muss in diesem Fall die oben erwähnte Equivalent Noise Bandwidth (ENBW) verwendet werden, siehe Skalierungsoption eCM_PowerSpectralDensity.

Die Skalierung anhand der PSD ermöglicht keine konsistente Skalierung des "Gleichspannungsanteils". Falls benötigt, sollte dieser durch Tiefpassfilterung oder Mittelung bestimmt werden.

Falls ein Signal sowohl deterministische Anteile als auch breitbandige Anteile enthält, müssen beide Skalierungen unabhängig voneinander verwendet werden, um von den Verarbeitungsparametern unabhängige Werte zu erhalten. Ein Beispiel wäre z.B. die Auswertung eines Signals, das zusammengesetzt ist aus einem harmonischen Sinus und einem bandbegrenzten Rauschen. Soll ausgewertet werden, wie groß die Amplitude des harmonischen Sinus ist, ist eine Skalierung für deterministische Signale vorzunehmen. Ist eine Beurteilung des stochastischen Grundrauschens angestrebt, ist eine Skalierung als PSD oder LSD vorzunehmen.

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Skalierung von Spektren mit der Condition Monitoring Bibliothek

Verschiedene Skalierungsmöglichkeiten sind in der Condition Monitoring Bibliothek bereits implementiert und können über die Baustein-spezifische Struktur mit Initialisierungsparametern parametrisiert werden. Siehe E_CM_ScalingType und Optionen der Spektrumsskalierung. Ein Tutorial dazu finden Sie hier: Skalierung von Spektren.

Referenzieren

Einordnung der Skalierung

Während in der Messtechnik, der Schwingungsbeurteilung nach ISO 10816-3 und dem Maschinenschutz der Vergleich absolut gemessener Größen sehr wichtig ist, ist eine absolute Kalibrierung im Bereich des Trend-basierten bzw. vergleichenden Condition Monitoring nicht notwendig.

Unabhängig von einer konkreten Maschine sind festgelegte Grenzwerte häufig für eine diagnostische Schadensfrüherkennung weniger geeignet. Da die Wahl des Messpunktes (die Stelle der Messung, die Ankopplung des Sensors, …) einen großen Einfluss auf die Dämpfungsfaktoren der Übertragungsstrecke hat, ist es für Trendüberwachungen im Verhältnis dazu viel wichtiger, den einmal gewählten Messpunkt sowie die Ankoppelbedingungen konsequent beizubehalten. Auch sind Signalanteile mit anfangs geringem Pegel häufig durchaus wichtig. Falls sie periodisch sind, treten sie bei einer Verwendung möglichst schmalbandiger, hochauflösender FFT-Spektren und geeigneter statistischer Funktionen besonders deutlich und früh hervor. Deswegen spielen für den Bereich Condition Monitoring Trendbeobachtungen über lange Zeiträume und relative, auf der Dezibel -Skala durchgeführte Vergleiche normalerweise eine viel wichtigere Rolle, als die Betrachtung einzelner absoluter Werte. Für die Sensoren folgt daraus, dass eine kostenaufwendige hochgenaue absolute Kalibrierung und glatter Frequenzgang in der Regel geringere Bedeutung haben als eine hohe Langzeitstabilität und ausreichend kleine Temperaturabhängigkeit, was nicht bedeutet, dass eine Kalibrierung vollständig vernachlässigt werden kann.

Skalierung anhand von Referenzsignalen

Die rechnerische Referenzierung (Skalierung anhand einer Referenz) von Messwerten kann sich oft wesentlich komplexer gestalten, als man auf den ersten Blick vermuten möchte. Sobald die Verarbeitung mehrere Schritte enthält, die von diversen Parametern nichtlinear abhängen, ist es in vielen Fällen einfacher und vor allem weniger fehleranfällig, die Skalierung mit Hilfe eines Kalibriergerätes vorzunehmen. Hierbei macht man sich zunutze, dass die Magnitudenwerte der berechneten Spektren immer linear zu den Eingangswerten sind. Um das Signal korrekt zu skalieren, muss man also nur den zugehörigen linearen Faktor anhand eines bekannten Referenz-Eingangswertes ermitteln. Dies wird professionell so vorgenommen, dass man mit einem Kalibriergerät ein physisches Signal mit definierter Amplitude (bzw. definiertem RMS-Wert) erzeugt und durch Messung des Ausgangswertes den benötigten Korrekturfaktor als Quotient von Eingang und Ausgang bestimmt. Die Skalierung anhand von Referenzsignalen hat den großen Vorteil, dass physikalische Defekte, wie beispielsweise ein Schaden an einem Beschleunigungsaufnehmer, sowie Fehlkonfigurationen am Messsystem zuverlässig entdeckt werden können. Ihre Grenzen hat diese Methode, wenn bei Auswertungen eine Vielzahl von Parameterkombinationen untersucht werden sollen.