Über die gegenseitige Beeinflussung von nicht-isolierten differentiellen Kanälen

Dieser Abschnitt setzt folgende Kapitel als Vorkenntnis voraus

Wir wollen uns im Folgenden weiter mit den im Gerät ungetrennten Kanälen beschäftigen, die Signale mit einer gemeinsamen Masse (PGND) zugeführt bekommen. Die gemeinsame Masse der verbundenen Kanäle (ggf. von außen zugänglich) und die differentielle Messung erzeugen nämlich ein elektrisches Phänomen, das anwendungsseitig durch eine kurze Berechnung zu kontrollieren ist, um sicherzustellen, dass das Gerät die an es gerichteten Erwartungen erfüllen kann - insbesondere, wenn es sich um hochgenaue Messtechnik der ELM3xxx Serie (bzw. äquivalente Beckhoff Messgeräte, wie EPP35xx) handelt, also mit dem Anspruch geringster Messunsicherheit.

Hinweis: hier wird insbesondere die (hochohmige) Spannungsmessung betrachtet, für Erläuterungen zur Strommessung siehe Kapitel „Massebezug: Typisierung SingleEnded / Differentiell“.

Dazu noch ein detaillierter Einblick in das differentielle Innenleben am Beispiel einer Schaltung mit zwei ungetrennten Kanälen:

Über die gegenseitige Beeinflussung von nicht-isolierten differentiellen Kanälen 1:

Rin sei der Eingangswiderstand des Kanals (siehe Gerätedokumentation, Angabe Eingangsimpedanz/Innenwiderstand). Er setzt sich real aus zwei Widerständen mit je Rin/2 zusammen. Die beiden Widerstände bilden einen Spannungsteiler für den jeweiligen Kanal und definieren eigentlich den jeweiligen CMP (CommonMode-Point) mit seiner Spannung UCMP, ch(n) vs. AGND, je nachdem welche Spannung

Über die gegenseitige Beeinflussung von nicht-isolierten differentiellen Kanälen 2:

außen über +Input/ -Input anliegt. Der CMP ist das kanal-lokale AGND. Da aber alle AGND zusammenhängen, sind alle und damit alle an +Input/-Input anliegenden Spannungen an der AGND-Definition beteiligt!
Denn es muss werden: UCMP, ch1 = UCMP, ch2 = … = AGND.

Die Kenntnis über die finale Potentialhöhe von AGND ist wichtig, um beurteilen zu können, ob spezifizierte Einsatzgrenzen überschritten werden, denn an jedem Kanal werden sich eigene, ggf. unsymmetrische Spannungsdifferenzen Uch(n), +/-Input vs. AGND einstellen! Durch die AGND-Verschiebung kann sogar eine ausgehende Spannung an einem nicht angeschlossenen Kanal messbar sein, welche auch begrenzt belastbar ist (Quellenwiderstand ist dann der halbe Eingangswiderstand).

Diesem auf den ersten Blick komplexen Thema kann man sich aber recht einfach nähern und damit eine hohe Einsatzsicherheit der kostengünstigen, ungetrennten differentiellen Kanäle herstellen. Folgender Ablauf wird empfohlen:

  1. Berechnen von UAGND bezogen auf UPGND
    PGND (Anlagenmasse, Versorgung) wird aus o.a. Gründen als Referenzebene gewählt,
  2. Berechnen aller Eingängen auf Potentialdifferenz zu AGND im Gebrauch
    (für Schritt zwei und drei siehe im Folgenden die Berechnungstabelle),
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  3. Prüfung auf Überschreitung der Spezifikation.

Zu 1.: Berechnung AGND

UAGND kann als ein gewichteter Mittelwert der externen Spannungen berechnet werden, wobei die Gewichtungsfaktoren die elektrischen Leitwerte (Kehrwerte der Eingangswiderstände) der einzelnen Eingänge gegen AGND sind. Für Gleichspannungen:

Über die gegenseitige Beeinflussung von nicht-isolierten differentiellen Kanälen 3:.

Hinweis: n ist der Kanalindex und geht von 1 bis zum letzten angeschlossenen Kanal N. Alle Spannungen U sind bezogen auf PGND. Sind die Innenwiderstände aller Eingänge (theoretisch) gleich, ergibt sich für UAGND vereinfachend der Mittelwert aller Eingangsspannungsdifferenzen:

Über die gegenseitige Beeinflussung von nicht-isolierten differentiellen Kanälen 4:.

Bei einigen Messmodulen ist die interne analoge Masse AGND extern zugänglich, dort kann die Spannung einfach gemessen werden. Dabei muss darauf geachtet werden, dass das eingesetzte Messgerät (im typischen Fall ein Multimeter) die Spannung UAGND durch seinen eigenen Innenwiderstand nicht verzerrt!

Eine Auswahl:

ELM3502‑00x0, ELM3504‑00x0, EPP3504‑0023

Über den –Uv Anschluss an der PushIn-Buchse

ELM314x‑00x0

Über Up-. Dafür muss die Einstellung „Connect Up- to GNDA“ im CoE (F800:01) auf TRUE gesetzt sein.

ELM334x‑00x0

Über den AGND-Anschluss (5 und 6) an den PushIn-Buchsen

 

Zu 2.: Berechnung Inputs

Nachdem wir von UAGND Kenntnis erlangt haben, sind die max. zulässigen Spannungen bzw. die Spannungen an den Anschlusskontakten zu berechnen.

Die Schritte zwei und drei können einfach mit dieser beispielhaften Tabelle
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durchgeführt werden:

Über die gegenseitige Beeinflussung von nicht-isolierten differentiellen Kanälen 5:

 

Zu 3.: Prüfung

Die Ergebnisse sind mit den Spezifikationsgrenzen lt. Dokumentation in Bezug auf

zu vergleichen.
 

Hinweise:

Dazu nun im Folgenden einige Beispiele 1):

1) Die angegebenen Werte zu Gebrauchsgrenze und Rin sind beispielhaft zu sehen, gültige Spezifikationswerte sind der jeweiligen Gerätedokumentation zu entnehmen.