Homing

Als Homing bezeichnet man eine Initialisierungsfahrt einer Achse, bei der die korrekte Istposition anhand eines Referenzsignals ermittelt wird. Dieser Vorgang wird als Homing aber auch als Referenzieren oder Kalibrieren bezeichnet. Als Referenzsignal dient zum einen ein Schalter der an einer bekannten eindeutigen Position auf dem Verfahrweg ausgelöst wird. Zusätzlich können weitere Signale, wie die Encoder-Nullspur, ausgewertet werden, um die Genauigkeit zu erhöhen.

Allgemein muss zwischen einem antriebsgeführten Homing und einem NC-geführten Homing unterschieden werden. Das antriebsgeführte Homing wird von einem geeigneten Antrieb ohne Einfluss der Steuerung selbstständig durchgeführt und soll in dieser Dokumentation nicht weiter betrachtet werden. Das NC-geführte Homing läuft unter alleiniger Kontrolle der Steuerung ab und unterstützt dadurch eine Vielzahl von Antriebstypen. Im Folgenden werden verschiedene Mechanismen des NC-geführten Homings beschrieben.

Positions-Bezugssysteme und Gebersysteme

Je nach verwendetem Positions-Messsystem werden verschiedene Positions-Bezugssysteme (Maßsysteme) unterschieden. Ein absolutes Maßsystem liefert direkt nach dem Einschalten eine absolute und über den gesamten Verfahrweg einer Achse eindeutige Position. Ein solches Maßsystem wird einmalig abgeglichen und durch einen persistent gespeicherten Positionsoffset eingestellt. Eine Referenzfahrt ist dann auch nach einem Neustart des Systems nicht notwendig. Im Gegensatz dazu liefern relative Maßsysteme nach dem Einschalten einen nicht eindeutigen Positionswert, der durch eine Referenzfahrt abgeglichen werden muss. Relative Maßsystemen unterteilen sich weiter in rein relative Systeme (Inkrementalgeber) und teilabsolute Systeme, welche nur innerhalb einer Motor- oder Geber-Umdrehung eine eindeutige Position liefern.

Allgemeine Beschreibung einer Referenzfahrt

Bild A zeigt schematisch eine Referenzfahrt mit angedeutetem Geschwindigkeitsprofil in ihren einzelnen Phasen.

  1. Nach dem Einschalten der Maschine steht die Achse an einer zufälligen Position (1).
  2. Die Referenzfahrt wird gestartet und die Achse fährt in Richtung Referenznocke
  3. Sobald die Referenznocke erkannt wird, stoppt die Achse und kehrt um.
  4. Die Achse fährt von der Referenznocke herunter und erkennt die fallende Flanke des Referenznockensignals.
  5. Die Achse fährt weiter und sucht je nach Einstellung des Referenzmodus nach einem Synchronimpuls oder einem anderen markanten Ereignis. Dieser Schritt kann gegebenenfalls ganz entfallen.
  6. Das Ereignis wird erkannt und die vorgegebene Referenzposition wird gesetzt.
  7. Die Achse stoppt und steht damit ein wenig von der Referenzposition entfernt. Die Referenzposition wurde kurz vorher mit maximaler Genauigkeit gesetzt.

Bilder B und C zeigen das Positions- und Geschwindigkeitsprofil während der Referenzfahrt.

Homing 1:

Referenzier-Modi

Je nach Art des Gebersystems werden vom NC-System verschiedene Referenzier-Modi unterstützt.

 

Absolutes Gebersystem

Teilabsolutes Gebersystem

Relatives Gebersystem

NC

Referenzieren nicht notwendig

 empfohlener Referenz-Modus SoftwareSync
(auch möglich: PlcCam, HardwareSync)

empfohlener Referenz-Modus HardwareSync
(Auch möglich: PlcCam)

Drive

Referenzieren nicht notwendig

Antriebseinstellung nicht notwendig

Antriebsparametrierung notwendig
(für Sercos/SoE siehe Probe Unit)

Parametrierung im SystemManager

Homing 2:

Reference System : Der Encoder-Parameter Reference System legt fest, ob das verwendete Gebersystem inkrementell oder absolut ist. Bei einem absoluten Gebersystem wird der Geberwert unverändert von der Steuerung übernommen.

Dieser optionale Parameter wird nicht von jedem NC-Encoder unterstützt, sondern nur von denjenigen Typen, bei denen eine Auswahl zwischen absolutem und inkrementellem Encoder Bezugssystem (Maßsystem) möglich ist (z.B. SERCOS, KL5001, M3000, ProfiDrive, Universal).Durch die Auswahl wird festgelegt ob die Encoder-Ist-Position als absolute oder als inkrementelle Position interpretiert und ausgewertet werden soll, entsprechend einem absoluten oder inkrementellen Bezugssystem (Maßsystem).

Bei einem absoluten Bezugssystem wird keine weitere Verarbeitung bezüglich des Über- oder Unterlaufs des Encoder-Zählerwertes vorgenommen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass der Zählerwert innerhalb des Verfahrbereiches der Achse eindeutig ist und keine Über- oder Unterläufe des Encoder-Zählerwertes stattfinden. Andernfalls würde es zu einem Sprung in der Ist-Position und damit zu einem Positions-Schleppfehler kommen. Das Referenzieren der Achse mittels MC_Home ist nicht möglich und es findet ein einmaliger Abgleich der Ist-Position mit dem ParameterPosition Bias(Nullpunktverschiebung / Positionsoffset) statt.

In eineminkrementellen Bezugssystem ist üblicherweise ein Referenzieren der Achse mittels MC-Home nötig. Ferner findet in der NC eine automatische Erkennung und Verrechnung von Über- oder Unterläufen des Encoder-Zählerwertes statt, sodass ein Endlosbetrieb einer Achse über viele Monate („unendlicher Zahlenbereich“) möglich ist.

Encoder Mask (Maximal Value) : Die Geber-Maske bestimmt die Bit-Breite der inkrementellen Geber-Position. Die Encoder-Maske dient zum Erkennen und Mitzählen der Wertebereichsüberläufe.

Scaling Factor : Der Skalierungsfaktor wird mit der inkrementellen Encoder-Position, inklusive aller Überläufe, multipliziert. Daraus berechnet sich eine absolute Achsposition mit der parametrierten physikalischen Einheit.

Position Bias (Nullpunktverschiebung) : Positions-Offset , der das Achs-Koordinatensystem gegen das Geber-Koordinatensystem verschiebt. Dieser Wert kann insbesondere bei Absolut-Gebersystemen verwendet werden. Bei relativen Systemen ist ein Offset normalerweise nicht nötig, da das System nach einer Referenzfahrt eine parametrierte Referenzposition annimmt.

(Geberzählrichtung) Invert Encoder Counting Direction : Die Zählrichtung eines Encoders kann invertiert werden, falls sie nicht mit der gewünschten logischen Zählrichtung bzw. Fahrtrichtung übereinstimmt.

 

Homing 3:

Reference Mode : Referenzier-Modus wie weiter oben beschrieben (Plc CAM, Hardware Sync, Hardware Latch Pos, Hardware Latch Neg, Software Sync). Der Default-Modus entspricht dem Modus Plc CAM.

Mit dem Parameter Reference Mode wird für den Referenziervorgang die Art des Referenzereignisses festgelegt (physikalisches oder logisches Ereignis). Je nach parametriertem Referenzier-Modus wird beim Referenziermanöver entweder auf Hardwareeigenschaft des Antriebs bzw. Encoders (z.B. Hardware Latch) zurückgegriffen oderdas Referenzereignis wirdausschließlich innerhalb der Steuerung, also ohne weiteren Hardwarebezug, erkannt.

Reference Mask : Die Referenz-Maske parametriert die Überlauferkennung für den Referenz-Modus Software-Sync. Sie ist kleiner oder gleich der Encoder-Maske und definiert einen Zählbereich des Geberwertes, der teilabsolut ist. Das kann beispielsweise die Bit-Breite einer Motorumdrehung oder die Bit-Breite einer Sinus-Periode bei einem Sinus/Cosinus-Geber sein. Software-Sync erkennt dadurch die immer gleiche Überlaufposition eines teilabsoluten Gebersystems.

Calibration Value : Referenzposition auf die die Achsposition nach einer Referenzfahrt gesetzt wird.

(Suchrichtung für Referenziernocken invers) Invert Direction for Calibration Cam Search : Der Parameter invertiert die Fahrtrichtung der Achse für die Suche des Referenziernockens bei einer Referenzfahrt. Standardrichtung ist negativ, also in Richtung Nullpunkt des Achs-Koordinatensystems.

(Suchrichtung für Sync-Impuls invers) Invert Direction for Sync Impuls Search : Der Parameter invertiert die Fahrtrichtung der Achse für die Suche nach dem Sync-Impuls bei einer Referenzfahrt.

Referenzieren von gekoppelten Achsen

TwinCAT erlaubt es, an eine zu referenzierende Achse weitere Achsen anzukoppeln. Die Achsen müssen dafür nicht unbedingt referenziert sein. Durch eine Achskopplung ist es z. B. möglich, Gantry-Achsen zu referenzieren, wenn man vor der Referenzfahrt sicherstellen kann, dass beide Achsen relativ zueinander passend orientiert sind. In diesem Fall ergibt sich folgender Ablauf:

Programmierung einer Referenzfahrt in der SPS

MC_Home

Zum Starten einer Referenzfahrt aus der SPS wird der Funktionsbaustein MC_Home verwendet. Der Referenzmodus und weitere Parameter werden vorher wie oben beschrieben im SystemManager konfiguriert. Einzig das Referenznockensignal (bCalibrationCam) wird in den Baustein eingespeist.

Homing 4:

Antriebstypen und I/O-Interface

Das Homing ist weitestgehend von dem verwendeten Antriebstypen unabhängig. In einigen Fällen, insbesondere wenn eine Latch-Funktion des Antriebs verwendet wird, ist eine Parametrierung des Antriebs notwendig. In dem nachfolgenden Kapitel wird auf die Variante mit dem AX5000 eingegangen.