Filtertypen und Parametrierung
Diese Beschreibung beschränkt sich auf Tiefpassfilter. Die Konzepte können jedoch auf weitere Filtertypen (Hochpass-, Bandpass- und Stopband-Filter) übertragen werden. |
TwinCAT Filter Designer Die im Folgenden erstellten Grafiken wurden mit dem TwinCAT Filter Designer erstellt. Der Filter Designer ermöglicht es, graphisch Filter zu erstellen und diese dann in der SPS mit TwinCAT 3 Filter (oder als Filter direkt auf dem EtherCAT Terminal oder dem Drive), zu nutzen. |
Gebräuchliche Realisierungen eines Digitalfilters sind das Butterworth-Filter, das Chebyshev-Filter und das Bessel-Filter. Jedes Filter besitzt bestimmt Eigenschaften, die in unterschiedlichen Situationen vorteilhaft sind.
Butterworth- vs. Chebyshev Filter:
Der Unterschied beider Realisierungen besteht im Wesentlichen in der Abwägung zwischen der zulässigen Welligkeit des Amplitudengangs im Durchlassbereich und der Steilheit des Amplitudengangs im Übergang vom Durchlass- in den Sperrbereich. Während das Butterworth-Filter einen maximal flachen Amplitudengang im Durchlassbereich besitzt, wird beim Chebyshev-Filter die zulässige Welligkeit des Amplitudengangs im Durchlassbereich als Parameter vorgegeben. Vorteil des Chebyshev-Filters ist eine steilere Abnahme des Amplitudengangs im Übergang vom Durchlass- in den Sperrbereich.
Bessel- vs. Chebyshev- und Butterworth-Filter:
Beim Bessel-Filter wird der Fokus auf eine konstante Gruppenlaufzeit bzw. einen linearen Phasengang im Durchlassbereich des Filters gelegt. Dadurch wird die Form von Signalen mit spektralen Anteilen im Durchlassbereich beim Durchlaufen des Filters nicht verändert. Im Vergleich zum Butterworth- oder Chebyshev-Filter ist beim Bessel-Filter der Übergang vom Durchlassbereich zum Sperrbereich weniger scharf, d. h., Amplituden nahe der Grenzfrequenz werden vergleichsweise weniger stark gedämpft. Im Durchlassbereich selbst weist das Bessel-Filter einen monoton fallenden Amplitudengang auf.
Nachfolgend werden die Filtertypen gegenübergestellt und näher beschrieben. Dazu werden zunächst einige grundlegende Begriffe kurz erläutert.
Übertragungsfunktion im Amplituden-Frequenz-Diagramm
Das Filter wird mathematisch durch die Übertragungsfunktion beschrieben (siehe Digitale Filter). Die Übertragungsfunktion kann im Amplituden- und Phasengang dargestellt werden.
Durchlassbereich (engl. Passband)
Der Durchlassbereich (blaue Zone) lässt spektrale Anteile eines Signals passieren und soll das Signal in diesem Frequenzbereich nicht möglichst verändern.
Sperrbereich (engl. Stopband)
Im Sperrbereich (rote Zone) dämpft das Filter die entsprechenden Frequenzanteile des Signals.
Übergangsbereich (engl. Transition)
Der Übergangsbereich (gelbe Zone) soll in der Regel möglichst klein sein und trennt Durchlass- und Sperrbereich. Das Design der Übergangsphase ist ein prägendes Kriterium für die Wahl des Filtertyps sowie dessen Parametrisierung.
Welligkeit (engl. Passband ripple)
Die Welligkeit im Durchlassbereich beschreibt den nicht-glatten Verlauf des Amplitudengangs im Durchlassbereich.
Parametrierung des Butterworth-Filters
Eigenschaften
Der Amplitudengang des Butterworth-Filters verläuft im Durchlassbereich maximal flach, sodass das Nutzsignal in diesem Bereich nur minimal manipuliert wird. Außerdem ist der gesamte Verlauf des Amplitudengangs monoton, d. h. ohne Welligkeit. Der Filtertyp ist einer der am häufigsten genutzten Filtertypen.
Parameter
Die Übertragungsfunktion des Butterworth-Filters enthält nur zwei zu definierende Parameter: die Grenzfrequenz (engl. Cutoff frequency) und die Filterordnung.
Filterordnung
Die Filterordnung bestimmt, wie steil der Amplitudengang im Übergangsbereich abnimmt. Je höher die Filterordnung ist, desto steiler nimmt der Amplitudengang ab und desto kleiner ist der Übergangsbereich. Für die Steilheit des Amplitudengangs bei einem Butterworth-Filter gilt: -n * 20 dB/Dekade, mit n = Ordnung, also -20 dB/Dekade für Filterordnung 1, -40 dB/Dekade für Filterordnung 2, usw.
Grenzfrequenz
Die Grenzfrequenz des Butterworth-Filters ist definiert als die Frequenz, bei der der normierte Amplitudengang den Wert 1/sqrt(2) ≈ -3 dB annimmt. Dies gilt für alle Filterordnungen. Entsprechend ist bei der Auslegung des Filters darauf zu achten, dass spektrale Bestandteile eines Signals bei der Grenzfrequenz bereits um 3 dB gedämpft werden. Der Parameter bewirkt eine Parallelverschiebung des Amplitudengangs auf der Frequenzachse (Verzerrung aufgrund der logarithmischen Frequenzachse).
Parametrierung des Chebyshev-Filters
Eigenschaften
Der Amplitudengang des Chebyshev-Filters weist im Durchlassbereich eine parametrierbare Welligkeit auf. Dafür nimmt der Amplitudengang jedoch bereits bei kleiner Filterordnung im Übergangsbereich steil ab. Es gilt: Je größer die zulässige Welligkeit, desto kürzer der Übergangsbereich.
Parameter
Die Übertragungsfunktion des Chebyshev-Filters enthält neben der Filterordnung und der Grenzfrequenz als zu definierende Parameter zusätzlich den Welligkeitsparameter „Passband ripple“.
Welligkeit
Der Parameter gibt die zulässige Welligkeit des Amplitudengangs im Durchlassbereich des Filters an. Durch Zulassen einer Welligkeit kann mit deutlich geringerer Filterordnung ein kurzer Übergangsbereich zwischen Durchlass- und Sperrbereich und somit eine steile Abnahme des Amplitudengangs erreicht werden.
Grenzfrequenz
Die Grenzfrequenz ist beim Chebyshev-Filter definiert als die Frequenz, an der der Amplitudengang die definierte Welligkeit „Passband ripple“ nach unten hin durchstößt. Die Position des Übergangbereichs auf der Frequenzachse geht somit nicht nur mit der Grenzfrequenz, sondern auch mit den Einstellungen zur Filterordnung und Welligkeit einher.
Das nachfolgende Diagramm zeigt drei verschiedene Chebyshev-Filter mit unterschiedlicher Filterordnung und Welligkeit aber gleicher Grenzfrequenz.
Filterordnung
Die Filterordnung bestimmt, wie steil der Amplitudengang im Übergangsbereich abnimmt. Je höher die Filterordnung ist, desto steiler nimmt der Amplitudengang ab und desto kleiner ist der Übergangsbereich. Für die Steilheit des Amplitudengangs bei einem Butterworth-Filter gilt: -n * 20 dB/Dekade, mit n = Ordnung, also -20 dB/Dekade für Filterordnung 1, -40 dB/Dekade für Filterordnung 2, usw.
Die Filterordnung beeinfluss die Grenzfrequenz nach obiger Definition nicht, wie in folgender Grafik zu sehen ist. Die Amplitudengang-Verläufe schneiden sich bei der Grenzfrequenz von 250 Hz.
Vergleich Butterworth- und Chebyshev-Filter
Die nachfolgende Grafik zeigt einen direkten Vergleich der Amplituden- und Phasengänge eines Butterworth-Filters und eines Chebyshev-Filters. Beide Filter sind so parametriert, dass sich deren Amplitudengänge in der Grenzfrequenz des Butterworth-Filters bei einer normierten Amplitude von 1/sqrt(2) schneiden. Beide Filter sind als Filter fünfter Ordnung angesetzt. Der Welligkeitsparameter (Passband ripple) des Chebyshev-Filters beträgt 0.5 dB.
Es zeigt sich die angesprochene Abwägung zwischen zulässiger Welligkeit des Amplitudengangs im Durchlassbereich und Steilheit im Übergangsbereich bei gleicher Filterordnung. Bei gleicher Filterordnung nimmt beim Chebyshev-Filter der Amplitudengang im Übergangsbereich stärker ab als beim Butterworth-Filter. Dafür ist dessen Amplitudengang im Durchlassbereich nicht glatt, sodass hier das Nutzsignal stärker manipuliert wird als beim Butterworth-Filter.
Parametrierung des Bessel-Filters
Eigenschaften
Das Bessel-Filter weist eine konstante Gruppenverzögerung im Durchlassbereich auf. Der Amplitudengang ist monoton leicht abfallend. Durch diese Eigenschaften wird ein Signal, welches nur spektrale Anteile im Durchlassbereich besitzt, in seiner Signalform beim Durchlaufen des Filters nicht verändert.
Parameter
Das Bessel-Filter wird wie das Butterworth-Filter über die Grenzfrequenz und Filterordnung parametriert.
Grenzfrequenz
Die Grenzfrequenz fc definiert die Höhe des Group Delay des Bessel-Filters im Durchlassbereich τgd,pass:
Dabei ist fs die Abtastfrequenz.
Filterordnung
Die Filterordnung beeinflusst die Steilheit des Amplitudengangs im Sperrbereich. Zu beachten ist beim Bessel-Filter, dass eine Vergrößerung der Filterordnung einhergeht mit einer Vergrößerung des Durchlassbereichs. Es ist entsprechend ratsam, zunächst die Ordnung zu wählen und dann mit der Grenzfrequenz den Durchlassbereich zu definieren.
Vergleich Butterworth-, Chebyshev- und Bessel-Filter
Die wesentlichen Eigenschaften des Bessel-Filters sind im Zeitbereich bzw. im Phase- und Group Delay ersichtlich. Wie in untenstehender Grafik zu sehen, kommt die Impulsantwort und Sprungantwort des Bessel-Filters ohne viel Einschwingen aus. Zudem ist Phase Delay und Group Delay im Durchlassbereich des Filters nahezu konstant, was dazu führt, dass Signale mit spektralen Anteilen im Durchlassbereich nicht in ihrer Form verändert werden.