Beschaltung von differentiellen Strom-Eingängen
Dieses Kapitel setzt auf den vorangegangenen Erläuterungen auf und betrachtet das CommonMode-Thema in Bezug auf (differentielle) Strommessung per Shunt (integriertem Messwiderstand).
Shunt-Strommesseingänge sind grundsätzlich galvanisch mit dem Strompfad verbunden. Liegen im Messgerät (z.B. analoge Eingangsklemme) mehrere Kanäle vor, die nicht voneinander galvanisch getrennt sind, sind auch bei dieser Messanwendung die Potentialbezüge zu beachten.
Folgender Entscheidungsbaum kann verfolgt werden:
- Bei galvanisch voneinander getrennten Strommesskanälen ist die angegebene Isolationshöhe zu beachten. Grundsätzlich sind solche Kanäle 2-polig zwischen Ein- und Ausgang differentiell messend, eine Ucm-Betrachtung ist nicht nötig.
- Sind die Kanäle galvanisch nicht getrennt (haben also geräteintern eine gemeinsame Bezugsmasse) und ausgeführt als
- Single-Ended (heißt: ein Kanal-Pol ist im Gerät zwangsweise mit einem besonderen Potential verbunden z.B. negativer Powerkontakt, und dies gilt für alle Kanäle des Geräts),
→ dann ist ebenfalls keine Ucm-Betrachtung vonnöten, lediglich die angelegte maximale Spannung über den Shunt muss gegen die Kanal-Spezifikation beachtet werden - Differentiell (heißt: beide Pole sind frei wählbar und zugänglich)
→ eine Ucm-Betrachtung ist nötig da sich abhängig von den je externen Potentialen intern ein ggf. unzulässiges CMP (vgl. vorhergehende Kapitel) einstellt. Bei allen Kanälen innerhalb des Geräts darf UCM, max nicht überschritten werden.
Wenn UCM, max eines analogen Eingangskanals überschritten wird, kann es zu erheblichen Fehlmessungen durch interne Ausgleichsströme kommen.
Um die theoretischen Überlegungen mit Zahlen zu füllen, nun eine
Beispielhafte Betrachtung anhand differentieller 20 mA-Messung bei EL30xx/EL31xx
Hinweis | |
Zahlenwerte im Beispiel Die im folgenden verwendeten Zahlenwerte sind beispielhaft zu verstehen, für konkrete Aussagen zu den betrachteten Produkten siehe die entspr. Gerätedokumentation |
- Die EL301x, EL302x, EL311x und EL312x sind für differentielle 20mA-Messung konzipiert, d.h. ein konkreter Potenzialbezug ist nicht erforderlich (aber empfehlenswert!).
- Als Systemgrenze gilt hierbei die einzelne Klemme
- Die Strommessung erfolgt über einen 33 Ω-Shunt je Kanal, daraus folgend ein maximaler Spannungsabfall von 660 mV über den Shunt bei 20 mA
- Zusätzliche interne Widerstandsanordnung (Spannungsteiler, Schutzwiderstände) mit GND-Punkt (A) mittig zum Shunt.
Dabei ist die Auslegung der Widerstände derart symmetrisch, dass das Potenzial von (A) mittig zum Spannungsabfall über den Shunt zu liegen kommt. - Der Mittelpunkt der über den 33 Ω-Shunt abfallenden Spannung ist der sogenannte Common-Mode-Messmittelpunkt (CMP).
Die maximal zulässige UCM-Spannung (common mode) laut den technischen Daten des Produkts bezieht sich auf das Potenzial zwischen dem CMP eines Kanals zum internen GND bzw. auf das Potenzial zwischen den CMP von zwei Kanälen innerhalb einer Klemme.
Sie darf die angegebene Grenze (typischerweise ±10 oder ±35 V) nicht überschreiten. - Das gemeinsame GNDint-Potenzial (A) ist
- bei 1- und 2-kanaligen Klemmen der o.a. Serie auf einen Klemmpunkt geführt und nicht mit GNDPC (Powerkontakt) verbunden, somit frei wählbar und von außen anschließbar. Damit kann durch applikationsgerechte Beschaltung dieses GND-Punktes die UCM-Vorgabe eingehalten und der Einsatz dieser Geräte auch bei atypischer Sensorbeschaltung ggf. ermöglicht werden.
- bei 4-kanaligen Klemmen mit GNDPC verbunden, somit nicht frei wählbar
- dieses GND-Potenzial GNDint ist für alle in den Klemmen realisierten Kanäle gemeinsam
Am Prinzipschaltbild einer 2-kanaligen Klemme sind die verbundenen GND-Punkte innerhalb der Klemme zu sehen (Abb. Interne Anschlussschaltung zweier 20 mA-Kanäle der o.a. Serie):
Im Folgenden werden nun verschiedene mögliche Beschaltungen auf ihre Zulässigkeit in Bezug auf den CMP betrachtet. Dabei wird angenommen, dass die Stromsensoren 100 % AEW ausgeben, also 20 mA.
Beispiel 1a
Die 2-kanalige EL3012 wird mit zwei Sensoren beschaltet, die von 5 und 24 V gespeist werden. Beide Strommessungen sind als Low-Side-Messung ausgeführt. Diese Anschlussform ist zulässig, denn CMPch1 und CMPch2 liegen jeweils bei Imax ca. 330 mV über 0 V, UCM ist somit immer < 0,5 V. Somit wird UCM < 10 V (gültig für EL30xx) eingehalten.
Wird GNDint bei den EL30x1/EL30x2 bzw. EL31x1/EL31x2 nicht extern beschaltet, kann sich das Potenzial auf GNDint nach Erfordernis einstellen, es "floatet". Allerdings ist dann mit reduzierter Messgenauigkeit zu rechnen.
Beispiel 1b
Entsprechendes gilt auch, wenn der frei schwebende Punkt GNDint auf ein anderes Potential gezogen wird.
Beispiel 2a
Die gleiche EL3012 wird nun wieder mit den beiden 20 mA-Sensoren beschaltet, diesmal aber einmal in Low-Side-Messung an 5 V, einmal in High-Side-Messung an 12 V. Damit ergibt sich ein erheblicher Potenzialunterschied UCM > 10 V beider Kanäle. Wenn UCM,max = 10 V wäre, wäre dies nicht zulässig (jeweilige Gerätespezifikation beachten!)
Zur Abhilfe könnte GNDint in diesem Fall extern mit einem Hilfs-Potenzial von 6 V gegenüber "0 V" verbunden werden. Damit stellt sich A/GNDint ca. mittig zwischen 0,3 V bzw. 11,6 V ein.
Beispiel 2b
Bei den EL3xx4 ist GNDint intern mit dem negativen Powerkontakt verbunden. Deshalb gilt hier die Freiheit der Potenzialwahl nicht.
Es stellt sich ein CMP = 23,6 V und damit >> 10 V ein.
Zusammenfassung
Daraus ergeben sich einige konkrete Vorgaben für die externe Beschaltung von differentiellen Stromeingängen mit 20 mA-Sensoren:
- Es wird empfohlen, wenn möglich GNDint mit einem niederimpedanten, störungsfreien Potenzial zu verbinden, da die Messgenauigkeit damit erheblich verbessert wird.
Die Hinweise zum Potenzialbezug UCM sind zu beachten! - Der Potenzialbezug CMP < UCM,max muss eingehalten werden, und zwar sowohl zwischen CMP ↔ GNDint als auch CMPch(x) ↔ CMPch(y).
Kann dies nicht gewährleistet werden, sind 1-kanalige Varianten oder mehrkanalie mit galvanischer Trennung einzusetzen. - Falls die Sensorleitung mit einer Schirmung versehen ist, ist diese nicht mit der GNDint-Klemmstelle zu verbinden, sondern auf einer dafür vorgesehenen niederimpedanten Schirmstelle aufzulegen.