Einführung in die Hydraulik

Hydraulik vs. Elektromechanik: Ein Technologievergleich

Hydraulische Antriebe unterscheiden sich von elektrischen Antrieben durch einen grundlegend anderen Aufbau, der zu einem nur bedingt vergleichbaren Verhalten führt. Sowohl dieses spezielle Verhalten als auch das deutlich andere Einsatzfeld erfordern angepasste Steuerungs- und Kontrollmechanismen. Im Nachfolgenden werden diese Unterschiede im Überblick dargestellt.

Die von TwinCAT NC/NCI/CNC kontrollierten elektromechanischen Achsen bestehen typischerweise aus einem AX-Servoverstärker und einem AM-Synchronmotor mit integriertem Wegmesssystem. Die Unterschiede betreffen hier vor allem die Auslegung, denn auch Linearmotoren oder Asynchronmotoren lassen sich auf dieses Grundprinzip zurückführen. Der Servoverstärker erzeugt durch die von ihm kontrollierten Ströme ein rotierendes oder wanderndes Magnetfeld, dem der bewegliche Teil des Motors folgt. Dabei wird dieses Magnetfeld in seiner Stärke, Drehzahl und Winkel- bzw. Drehzahl-Differenz zum Rotor so geführt, dass die gewünschte Bewegung zustande kommt. Bei angemessener Auslegung entsteht eine Anordnung, die sich gut modellieren lässt. Da der grundsätzliche Aufbau konstant ist, gilt dies weitgehend auch für das Modell.

Hydraulische Achsen zeigen in ihrem Aufbau eine wesentlich stärkere Streuung. So stehen als Aktuatoren neben den diversen Varianten von linearen Zylindern (Plunger, Gleichlauf-, Differenzial-Zylinder, flächenumschaltbare Zylinder etc.) auch mehrere rotatorische Antriebe (Schwenkzylinder, Drehzylinder, diverse Bauarten von Hydromotoren) zur Verfügung. Die Geschwindigkeit kann durch Stetig-Ventile oder primär bzw. sekundär gesteuerte Pumpen definiert werden. Hinzu kommen diverse Hydraulik-Schaltungen, in denen weitere die Öl-Menge oder den Druck beeinflussende Komponenten ergänzt werden. Fast jede hat ein nichtlineares oder situationsabhängiges Verhalten.

Letztlich führen diese Unterschiede dazu, dass Anwendungen, die bereits durch eine genau vorgegebene und dann exakte ausgeführte Bewegung erfüllbar sind, heute weitgehend elektromechanisch realisiert werden. Die komplexeren, weniger standardisierten und schwerer handhabbaren hydraulischen Achsen werden für Aufgaben gewählt, in denen ihre besonderen Stärken genutzt werden sollen. So sind sie unter anderem hervorragend dazu geeignet, große Kräfte und Energien auch über längere Zeiten oder in begrenztem Bauraum einzusetzen. Dabei werden oft für elektromechanische Antriebe untypische Verhalten wie begrenzende oder ablösende Druck- oder Kraftregelung kommandiert. Als Beispiele sollen hier die Kunststoffindustrie und die Metallumformung genannt werden.

Elektrisch-hydraulische Hybrid-Achsen

Sowohl elektromechanische Servo-Achsen als auch Hydraulik-Achsen bieten spezifische Vorteile. Durch die Kombination der Technologien entsteht ein hybrides System, dass eine neue Mischung von positiven und negativen Eigenschaften beider Welten bietet. Auch wenn auf diesem Wege nicht unter Vermeidung aller Nachteile die Nutzung alle Vorteile möglich ist kann durch geeignete Varianten ein deutlicher Vorteil erreicht werden. Im Nachfolgenden werden die Konzepte im Überblick dargestellt.

Bei proportionalventil-gesteuerten Hydraulik-Achsen stellt der im Vergleich mit Servo-Achsen niedrige Wirkungsgrad einen deutlichen Nachteil dar. Er wird durch das Prinzip der Drosselsteuerung begrenzt. Elektrische Antriebe werden seit Jahrzehnten nach dem PWM-Prinzip kontrolliert. Dies ist bei hydraulischen Achsen aus technischen Gründen (keine Schaltventile mit hohem Durchfluss und niedriger Schaltzeit << 1ms) nicht vergleichbar möglich. Hybrid-Achsen steuern den Ölfluss nicht mit einer variablen Drossel, sondern in dem sie mit einem Servo-Antrieb die Drehzahl und möglicherweise die Drehrichtung einer Konstantstrom-Pumpe verändern. Theoretisch gibt es also keinen Druckabfall zwischen Pumpe und Zylinder. Die Pumpe kann hier als kraftschlüssiges, aber nicht formschlüssiges Getriebe verstanden werden, während der Zylinder die Rolle einer Spindel übernimmt.

Wenn die Möglichkeit geschaffen wird, durch situationsabhängige Umschaltung der Ölwege die wirksamen Zylinderflächen oder die pro Umdrehung geförderte Ölmenge zu verändern steht eine wählbare Vorschubkonstante zur Verfügung. Es entsteht eine echte Getriebeschaltung, die für eine elektromechanische Achse nicht verfügbar ist. In Anwendungen, die abwechselnd hohe Geschwindigkeit und hohe Kraft benötigen kann dies zu einer erheblichen Einsparung führen.

Durch Schaltventile kann eine einmal aufgebaute Kraft hydraulisch geklemmt und der elektrische Antrieb entlastet werden. Auf diesem Weg kann die Momentenreduktion einer elektromechanischen Achse vermieden werden.

Bis zu einer nicht unerheblichen Leistung können alle Komponenten der Hybrid-Achse als abgeschlossener Modul montiert werden. In diesem Fall sind alle hydraulischen Verbindungen im Inneren gekapselt und von außen nur elektrische Anschlüsse vorhanden. Die Achse ist montierbar und auch austauschbar wie eine elektromechanische Achse. Höhere Leistungen erfordern einen klassischen diskreten Aufbau. Allerdings sollte hier berücksichtigt werden, dass eine vergleichbare elektromechanische Achse ebenfalls alles andere als kompakt oder leicht ist.

Näheres zur Identifikation des verwendeten Aufbau-Konzepts und der Inbetriebnahme wird in der Knowledge Base (in Vorbereitung) dargestellt.

Unterschiede im Überblick

Die oben beschriebenen Unterschiede im Aufbau erzeugen erhebliche Auswirkungen auf das Betriebsverhalten von hydraulischen und elektrischen Antrieben. Im Nachfolgenden werden diese Auswirkungen im Überblick dargestellt.

Typische Eigenfrequenzen von elektromechanischen Achsen liegen im Bereich >80 Hz. Für hydraulische Achsen sind Werte bis unter 20 Hz nicht unüblich. In beiden Technologien sind Achsen mit >200 Hz realisierbar, werden aber aus technischen und/oder kalkulatorischen Gründen nur bei Bedarf eingesetzt. Die Eigenfrequenz hat einen direkten Einfluss auf die Regelbarkeit, denn sie limitiert den nutzbaren kP des Lagereglers. Standard-NCs setzen die Regelbarkeit der elektromechanischen Achsen voraus.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich eine hydraulische Achse mit einer Standard-NC betreiben lässt. Dies ist umso leichter möglich, je höherwertig die Komponenten ausgewählt und ausgelegt sind. Allerdings bieten dann die Erwartungen an das Verhalten wenig Spielraum für Kompromisse. Spätestens bei üblichen Auslegungen erfordern hydraulische Achsen angepasste Lösungen, die bei Beckhoff Automation in der Hydraulik-Library bereitgestellt werden.

Motion Control einmal anders

Die zentrale Funktion einer Motion-Control-Lösung ist der Sollwertgenerator. Er berechnet oder beschließt momentane Sollwerte für Position, Geschwindigkeit, Beschleunigung und möglicherweise Ruck. Hier ist die zeitgesteuerte Arbeitsweise der NC gut bekannt. Allerdings gibt es hierzu eine oft übersehene Alternative, die gerade bei hydraulischen Achsen interessant ist. Ihre Herleitung und die Unterschiede sollen nachfolgend dargestellt werden.

Ein Sollwertgenerator kann entweder abhängig oder unabhängig von den Größen einer anderen Achse arbeiten. Das erstere ist gegeben, wenn die Werte bei einer Kurvenscheibenkopplung durch eine Tabelle oder bei einer Getriebekopplung durch eine Rechenformel von den Werten einer anderen Achse abgeleitet werden. Hierbei ist ein während der Bewegung aktiver Lageregler gefordert. Sowohl die Hydraulik-Library als auch vor allem die NC bieten hier diverse Möglichkeiten.

Werden die Werte unabhängig von anderen Achsen berechnet ist zwischen zeitgeführter und weggeführter Generierung zu unterscheiden. TwinCAT NC/NCI/CNC arbeitet wie praktisch alle aktuellen MC Systeme zeitgeführt. Die Kerntechnologie der Hydraulik-Library ist weggesteuert, aber auch hier ist ein zeitgesteuerter Betrieb möglich. Nachfolgend werden die Unterschiede dargestellt.

Eine zeitgesteuerte Motion Control Lösung verwendet Gleichungen, in denen die Zeit das Bewegungsprofil ablaufen lässt. Nachstehend wird dies für eine beschleunigte Bewegung dargestellt:

V := A * t

P := ½ * A * t2

Wird die erste Gleichung quadriert und dann beide Gleichungen nach t2 aufgelöst und gleichgesetzt entsteht folgende Gleichung:

V := SQRT( 2 * A * P )

Wird für P der Absolutwert der Reststrecke s zu einer Zielposition verwendet und das Vorzeichen wieder hergestellt, ergibt sich eine sich anpassende Bremsrampe.

V := ± SQRT( 2 * A * ABS( s ) )

Zu beachten ist, dass die Zeit als steuernde Größe durch den Weg ersetzt wurde. Wird diese Bremsrampe mit einer Rampe für die Beschleunigungsphase und einer Konstantphase kombiniert, ergibt sich die Grundlage für eine einfache aber besonders robuste Motion-Control-Lösung, die sich durch folgende Eigenschaften unterscheidet:

Aufbau der Library

Im Gegensatz zur NC arbeiten die Funktionalitäten der Library vollständig in der PLC Runtime. Dies hat mehrere Konsequenzen, die nachstehend aufgeführt sind.

Um eine bessere Verständlichkeit der Projekte zu erreichen sind die wichtigsten Bausteine nach den Standards der PLCopen ausgeführt. Durch diese Norm wird unter anderem festgelegt, dass die Bausteine über eine AxisRef genannte Referenz mit einer Achse verbunden sind. Da es bei der Library keine verdeckte Task-Ebene gibt, sind alle für die Achse benötigten Daten (Parameter, Laufzeitwerte) in dieser Struktur integriert. Die Kommunikation der Bausteine einer Achse erfolgt durch gemeinsame Benutzung dieser Referenz. Ausgenommen sind hier nur die durch PLCopen festgelegten Signale. Der Eingang Execute kann z. B. vom Ausgang Done eines anderen Bausteins gesteuert werden, um einen gewünschten Ablauf zu erzeugen.

Aufbau einer Applikation

In einer mit der Hydraulik-Library realisierten PLC-Applikation sind zunächst drei Themen zu unterscheiden:

Sollte die Applikation nur eine Achse besitzen, wird dieser Unterschied weniger deutlich, ist aber trotzdem zu beachten.

Systembausteine

Zu den Systembausteinen gehören:

Dieser Baustein stellt für die Summe der Achsen eine ADS-Verbindung für den PlcMcManager zu Verfügung. Wird dieser Baustein nicht zyklisch aufgerufen kommt keine Verbindung zu Stande.

Dieser Baustein verwaltet den Meldungs-Puffer. Wird nicht genau einer dieser Bausteine zyklisch aufgerufen läuft der Meldungs-Puffer über und spätere Meldungen gehen verloren.

Die Systembausteine benötigen, wie leicht zu erkennen ist, den Zugriff auf alle betroffenen Strukturen. Gleichzeitig benötigen auch die achsbezogenen Bausteine Zugriff. Dies ist auf einfache Weise dadurch sicherzustellen, dass die Strukturen als VAR_GLOBAL angelegt sind. Dies ist in den Beispielen gezeigt und gilt vor allem für:

Bausteine für den Aufbau einer Achse

Hierzu gehören immer:

Bei Bedarf ist dieser Minimal-Aufbau durch Bausteine zu ergänzen, die der Achse weitere Fähigkeiten verleihen. Hierher gehören z. B. Bausteine für die Regelung von Drücken oder Kräften, eine alternative Lageregelung oder für die automatische Vermessung von Kennlinien. Um wirksam zu sein, sind die Aufrufe dieser Bausteine an der richtigen Position zwischen den oben genannten Bausteinen einzufügen.

Die Übersichtlichkeit der Applikation kann dadurch verbessert werden, dass diese Bausteine zu einem Achsbaustein mit allgemeinen Schnittstellen zusammengefasst werden.

Achsbezogene Bausteine

Hierher gehören die üblichen Bausteine für die Gestaltung des Arbeitszyklus einer Achse.

Da das Verhalten dieser Bausteine den Definitionen der PLCopen entspricht, können sie weitgehend wie die entsprechenden Bausteine der TC_MC Bibliotheken verwendet werden. Allerdings senden die Bausteine dieser Bibliotheken nur Kommandos an den NC-Treiber und beobachten dessen Reaktionen und Rückmeldungen. Diverse Bausteine der Hydraulik-Library enthalten wesentliche Teile der Funktionalität und müssen kontinuierlich und in jedem Zyklus aufgerufen werden. Dies ist bei der Erstellung der Applikation zu berücksichtigen.