Auslegung einer EtherCAT Netzwerks
Ein EtherCAT-Netzwerk besteht üblicherweise aus einem Master-Gerät und bis zu 65535 Slave-Geräten. Der Master verwaltet allein die Slaves und kann ggf. im Redundanzfall durch einen 2. Master ersetzt werden.
Die elektrische Kommunikationsverbindung zwischen den Teilnehmern kann erfolgen
- auf Ethernet-Basis als Punkt-zu-Punkt-Verbindung (wird hier besprochen) - erkennbar durch eine Kabelverbindung
- auf LVDS-Basis "E-Bus" zwischen anreihbaren modularen Teilnehmern - hier wird üblicherweise auf eine Kabelverbindung verzichtet
Bei der Konzeption des EtherCAT-Netzwerkes in Bezug auf die verwendete/n Zykluszeit/en sind zu berücksichtigen
- die maximale Anzahl der Teilnehmer (max. 65535)
- die max. zulässige Leitungslänge für Ethernet-Verkabelung zwischen einzelnen Teilnehmern (s. Folgendes).
Laufzeiten durch die Kabellänge spielen eine untergeordnete Rolle, 100 m Ethernetkabel können mit ca. 550 ns angesetzt werden. - die Durchlaufzeit des/der Ethernet-Frame/s durch alle realen Slaves auf dem Hin- und Rückweg. Als Größenordnung je Slave kann angenommen werden
- für einen Ethernet-Teilnehmer: ca.1 µs
- für einen Ebus-Teilnehmer: ca. 300 ns - die Summe der Ethernet-Framelängen, mit denen die konfigurierten Teilnehmer adressiert werden.
Auf durchlaufzeitverzögernde Hubs und Switche (ISO Layer 2) wird einem EtherCAT-Netzwerk vollständig verzichtet, eine Segmentierung durch Router (ISO Layer 3) findet nicht statt.
Empfehlung zur Auslegung Die Summe aus Framelängen und Durchlaufzeitgesamt sollte kürzer sein als das verfügbare Zeitfenster bis zum nächsten Sendezeitpunkt. |
Die einzelnen Leitungslängen der Ethernetverkabelung können wie folgt konzipiert werden.
Eine Ethernet-Leitungsstrecke ist in jedem Fall eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung zwischen 2 intelligenten Endgeräten, von denen der Sender einen neu generierten Frame an den Empfänger schickt. FastEthernet/100MBit arbeitet generell im Duplexverfahren, somit können beide Teilnehmer gleichzeitig auf unterschiedlichen Leitungen empfangen/senden. Topologisch gibt es dabei nur wenig Unterschiede zwischen einer EtherCAT-Verkabelung im industriellen Umfeld und einer Büro/Office-Verkabelung. Meist wird jedoch im Feld die Anzahl der Rangier- bzw. Übergangspunkte zwischen 2 Ethernet-Endgeräten reduziert, zugunsten erhöhter Betriebssicherheit, aber zu Lasten der Flexibilität.
Für die Übertragungsleistung relevante Randbedingungen:
- die Umgebungs-/Betriebstemperatur
- die Anzahl der Steckverbindungen (einfach/doppelt) zwischen den Endpunkten
- die verwendete Kabeltypen (starre/flexible Ader bzw. deren elektrische Eigenschaften, Datenblätter sollten vorliegen)
- äußere Einwirkungen auf die Kabelstrecke (elektromagnetische Felder, parallel verlegte Leitungen, Girlanden- oder Schleppkettenverlegung, chemische Einflüsse, ...)
- 100 m maximale Gesamtstreckenlänge zulässig für 100Base-TX Ethernet; Anmerkung: je nach verwendetem Kabelmaterial kann die damit erzielbare Link-Länge ggf. weit unter diesem Wert bleiben oder auch größer sein - die Anwendung muss dann aber mit ggf. längeren Laufzeiten zurecht kommen
- die im weiteren genannten Auslegungsverfahren beziehen sich auf EN50173-1 und -3 und sind auch für den industriellen Bereich gültig.
- die erstellte Leistungsstrecke sollte geprüft werden, die einzelnen Prüfverfahren sind in prEN50346:2001 beschrieben
Theoretische Umsetzung:
Zur Information: Zur "exakten" Dimensionierung einer Kabelstrecke nach EN50173 sind dort Formeln nach folgendem Ablauf angegeben:
- Gesucht: verbleibend zulässige flexible Kabelstrecke [m]
- Gegeben: bekannter Anzahl an Steckverbindungen, bekannte Leitungslängen festverlegte Kabelstrecke, technische Daten aller verwendeten Komponenten (insbesondere Dämpfung)
Je nach Topologie sind dazu 2 Abschnitte zu verwenden:
- Standard-Gebäude-Verkabelung mit bis zu 4 Rangierpunkten innerhalb der Übertragungsstrecke: EN50173-1, Kap. 5 bzw. Anh. A
- Direkte Verkabelung ohne Rangierpunkte: EN50173-3, Anh. B
- Kombinationen daraus und Verwendung von Doppelkupplungen/Wanddurchführungen: EN50173-3, Anh. B
Hinweis: Bei Verwendung von Wanddurchführungen (Ausführung: Doppelkupplungen) sind zur Erreichung einer EN50173-Klasse-D-Verbindungsstrecke Komponenten nach Cat. 6 vorgeschrieben! Eine Wanddurchführungen (Ausführung: einfache Steckverbindung) unterliegt dieser Einschränkung nicht.
Praktische Umsetzung:
Die exakte Berechnung zulässiger Leitungslängen nach den Formeln aus EN50173 ist im Feld wenig anwendbar. Auf eine Wiedergabe soll hier deshalb verzichtet werden. Es wird empfohlen, sich an die topologischen Vorgaben nach EN50173 (s. Kapitel Übertragungsstrecke) zu halten, anders konzipierte Verkabelung ist selbst zu zertifizieren. Diese Vorgaben nach EN50173 in Bezug auf EtherCAT-Anwendung lauten:
- mind. EN50173 Class D Komponenten (Kabel + Steckverbinder/Buchsen)
- max. 90 m festverlegtes Kabel (bessere Übertragungseigenschaften), dazu max. 2 x 5 m flexible Geräteanschlussschnur (schlechtere Übertragungseigenschaften)
- max. 4 Steckverbindungen innerhalb des Channels (1 Steckverbindung = Übergang Stecker-Buchse) + 2 x Endsteckerverbinder
- Temperaturbereich bis 60°C
- weitere Umgebungsbedingungen nach Freigaben Komponentenhersteller
Hinweis zum verwendeten Kabel Obige Vorgabe kann den Einsatz von flexiblen Kabeln > 5 m z.B. zur Verwendung in Schleppketten erschweren. Reale Übertragungsstrecken nach EN50288-2-2 "Patchkabel" werden erfahrungsgemäß ab ca. 50 m Länge Dämpfungsprobleme bekommen. Deshalb bietet Beckhoff schleppkettentaugliches/flexibles Kabel an, das trotz der Litzenausführung den Anforderungen der EN50173 für festverlegtes/starres Kabel nach EN50288-2-1 sehr nahe kommt. Damit sind auch 100 m Channellänge mit flexiblem Kabel unter Einhaltung der EN50173 Channel-Grenzwerte möglich. Eine Abnahmemessung wird dennoch empfohlen. |