Das Prinzip
Die Beckhoff TwinCAT EtherCAT Hot-Connect Funktionalität erlaubt es, vor dem Start oder auch während des Betriebs der Anlage vorkonfigurierte Abschnitte aus dem Datenverkehr zu nehmen bzw. hinzuzufügen. Dies kann durch Trennen/Verbinden der Kommunikationsstrecke, An/Ausschalten des Teilnehmers oder sonstige Maßnahmen geschehen. Dies wird "flexible Topologie" oder Hot-Connect genannt.
Beispiel:
In einer modularen Fertigungsanlage werden Module mit integrierten EtherCAT-IO während des Betriebs kommunikationstechnisch angekoppelt oder getrennt.
Nach der Verbindungsherstellung zu einer Hot-Connect-Gruppe werden einige Maßnahmen zur Inbetriebnahme durchgeführt, die einige Sekunden Hochlaufzeit bewirken:
- Ethernet Linkaufbau
- Parametrierung der Geräte
- EtherCAT Hochlauf INIT -> OP
- ggf. Distributed Clocks Synchronisierung
Gerade in Anwendungen in denen oft Topologiewechsel vorgenommen werden wie z. B. Werkzeugwechslern ist ein beschleunigter Hochlauf von Vorteil. Dazu sind besondere Fast-Hot-Connect-Komponenten verfügbar, die eine Hochlaufzeit von bis zu < 1 Sekunde gewährleisten. Siehe dazu die Hinweise zum Fast-Hot-Connect.
Das Hot-Connect/Fast-Hot-Connect-Prinzip ist somit eine Erweiterung zur sonst allgemeingültigen Regel, dass die Reihenfolge/Anordnung der EtherCAT-Teilnehmer im Feld genau der angelegten Konfiguration entsprechen muss.
Zur Einrichtung wird keine gesonderte Lizenz sondern nur die dafür konzipierten EtherCAT-Geräte (Koppler und Abzweige) benötigt.
![]() | TwinCAT Der Einsatz der Hot-Connect-Funktionalität in den hier beschriebenen Ausprägungen ist nur mit TwinCAT 2.11 ab build 1539 möglich. Insbesondere unterstützt TwinCAT 2.10 keine Kombination mit Distributed Clocks. |
Eigenschaften und Systemverhalten
- Die Angaben in dieser Dokumentation gelten sowohl für XP- als auch CE-basierte TwinCAT 2.11-Systeme.
- Hot-Connect-Gruppe können Gruppen von Slaves (Koppler + Klemmen) oder auch einzelne Slaves (Antriebe, Klemmen, Sensoren, Positionsgeber) sein.
- Eine Hot-Connect-Gruppe kann zwar physikalisch mit dem EtherCAT-Netzwerk verbunden sein und empfängt und versendet die EtherCAT-Frames, sie nimmt aber aus Sicht der Steuerung erst am Prozessdatenverkehr teil, wenn ihr Adresse (s.u.) vom Master erkannt wurde.
- Die Identifizierung und Inbetriebnahme einer Hot-Connect-Gruppe durch den Master kann je nach Position bis zu mehreren Sekunden dauern.
Beschleunigter Hochlauf ist mit Fast-Hot-Connect-Komponenten zu realisieren. - Die Überwachung von WcState, Status und Link-Angaben der Slaves wird dringend empfohlen.
- Inbetriebnahme einer Hot-Connect-Gruppe durch den Master
- erkennt der EtherCAT Master keine gültige Adresse in der Station, wird sie nicht in den Prozessdatenverkehr aufgenommen.
- nachdem eine gültige Adresse erkannt wurde ("Hineinschalten" mit einem DIP-Switch, Ändern der SSA) wird die Station mit aufgenommen.
- obere Punkte bleiben unverändert, bis die Station abgeschaltet oder vom Netzwerk getrennt wird.
- SyncUnit: Der System Manager legt automatisch eigene und untereinander getrennte SyncUnits für Hot-Connect-Gruppen an, damit sie eigene WorkingCounter erhalten und ihre Außerbetriebnahme nicht die Prozessdaten anderer Teilnehmer beeinflusst.
- Der erste Teilnehmer/Koppler nach dem Master sollte kein Hot-Connect-konfigurierter Teilnehmer sein, da dies die Linkerkennung am Master verlangsamt.
- Die Kombination mit der Eigenschaft "Kabelredundanz" ist teilweise möglich.
- Distributed-Clocks-fähige Slaves können verwendet werden.
Bei Inbetriebnahme eines Distributed Clocks Slaves (DC-Slaves) wird dessen lokale Uhr initialisiert und dann fortlaufend mit dem bestehenden Netzwerk synchronisiert.
Nach Verbindungsaufbau wird die Hot-Connect-Gruppe resynchronisiert, dieser Vorgang kann einige Sekunden dauern. Die betroffenen EtherCAT-Slaves werden solange im Zustand SAFEOP gehalten. Nach erfolgreicher Resynchronisierung werden sie in den Zustand OP geschaltet.
![]() | EL-Klemmen als Hot-Connect-Gruppe Das Stecken/Ziehen von KL/KS/EL/ES-Klemmen unter Spannung ist nicht zulässig. Deshalb ist eine Konfiguration einzelner Klemmen bzw. Klemmenblöcke unterhalb eines Kopplers als variable Hot-Connect-Gruppe nicht sinnvoll. Kleinste Einheit auf Klemmenebene ist ein Koppler (EK/BK) bzw. eine EP-Box. |
Topologien
Folgende Topologien wurden überprüft:
Typ 1: Stern
Besonders zweckmäßig für das Hot-Connect-Konzept sind Sterntopologien - die abzeigenden Gruppen werden als Hot-Connect-Gruppe definiert und sind im Betrieb an- und abkoppelbar.
Im Allgemeinen ist jede Topologie möglich, bei der ein EtherCAT-Netz an einer EtherCAT-Port hängt.

Als Abzweigpunkte bieten sich an: EK110x, EK150x, EK1122, EP1122 und alle Slaves, die mehr als nur einen IN- und OUT-Port besitzen.
Eine Hot-Connect-Gruppe kann an jedem regulär freien Port in der Topologie angeschlossen werden.
Die Kombination von Kabelredundanz (kostenpflichtiges Supplement) im Hauptkreis und abzweigenden Hot-Connect-Gruppen an Stichverbindungen ist vorläufig nicht zulässig. Bei Verwendung von Kabelredundanz ist der Einsatz von DC-Slaves z.Z. noch nicht möglich

Typ 2: Linie
Bei der Verwendung der Linientopologie werden alle Teilnehmer nach einer Trennstelle bei Wiederherstellen der Verbindung neu initialisiert.

Werden in der Linientopologie HC-Gruppen und Nicht-HC-Gruppen gemischt, müssen alle Nicht-HC-Gruppen vor den HC-Gruppen und (wie bei EtherCAT sonst auch üblich) in der richtigen Reihenfolge angeordnet werden.
Hier im Bild ist eine Nicht-HC-Gruppe vor 3 HC-Gruppen angeordnet. Im Extremfall können alle Stationen HC-Gruppen sein.
Die Verwendung von Kabelredundanz (kostenpflichtiges Supplement) mit HC-Gruppen auf dem Redundanzpfad ist nicht möglich.

Allgemeine Hinweise
- Stacked Groups
Wenn Hot-Connect-Gruppen physikalisch hintereinander betrieben werden ("stacked"), muss zuerst die übergeordnete Gruppe am Verkehr teilnehmen, bevor die unterlagerte in Betrieb genommen werden kann.

Beispiel: die Gruppen A und B mit je eigenen Adressen werden zusammen zugesteckt/angeschaltet. Gruppe B wird (trotz evtl. gültiger Adresse) erst dann in Betrieb genommen, wenn Gruppe A regulär vom Master in Betrieb genommen werden konnte.
- Regulär freie Ports
die Hot-Connect-Gruppen können nur an in der Konfiguration freien Ethernet-Ports angeschlossen werden - wird eine Gruppe an einen irregulär freien Port angeschlossen, wird die Gruppe trotz evtl. gültiger Adresse nicht in Betrieb genommen.

Beispiel: der Koppler D (keine Hot-Connect-Gruppe!) wird vom Port C getrennt. Damit ist der Port C irregulär frei. Eine an diesen Port konnektierte Hot-Connect-Gruppe A oder B wird vom Master nicht in Betrieb genommen.