Hinweise zu Stecker und Verdrahtung
Es liegt in der Natur von EtherCAT IO-Modulen/Klemmen/Box‑Modulen, dass sie zwei Anschlussseiten haben: die eine obligatorisch zum Feldbus, um mit dem Modul zu kommunizieren, die andere zum Signal/Sensor/Aktor, um das Modul bestimmungsgemäß verwenden zu können. Die „äußere“ Anschlussseite ist in der Regel mit Kontaktiertechnik ausgerüstet, um die weiterführenden Leitungen anschließen zu können.
Nur wenige IO-Geräte verfügen über keine 2. Seite, wie z.B. die EL6070 Dongle-Klemme oder eine EL6090 Displayklemme.
Im Folgenden einige Hinweise und Anregungen zum Umgang mit der Anschlusstechnik
- Herstellerseitige Vorgaben/Hinweise zur Anschlusstechnik sind zu beachten. Ggf. ist vorgesehenes Spezialwerkzeug sachgerecht zu verwenden, Stichwort Gasdichtigkeit beim Crimpen durch den Pressdruck.
- Jede lösbare Anschlusstechnik unterliegt Vorgaben zur Anzahl der Verbindungszyklen. Bei jedem Lösen/Stecken der Verbindung kommt es zu Reibvorgängen/Abrieb, mechanischer Dehnung/Relaxation, evtl. Eintrag von Schmutz, Zutritt von Gasen/Flüssigkeiten/Betauung, Kontaktentladung, Veränderung der elektrischen Eigenschaften und des Kontaktpunkts (ohmscher Übergangswiderstand). Es treten also mechanische, chemische und damit am Ende elektrische Veränderungen ein, wenn ein Kontakt gelöst/verbunden wird.
Im Hinblick auf das Einsatzszenario ist deshalb die passende Verbindungstechnik bzw. Geräte mit der passenden Verbindungstechnik zu wählen: - Für selten zu lösende Verbindungen können Stecker/Kontakte sinnvoll sein die mit einer max. Steckzyklenzahl (laut Hersteller) von 10 bis 100 spezifiziert sind. Dies kann der Fall sein, wenn Geräte einmalig installiert/verdrahtet werden, und über die Lebenszeit nur mit Umverdrahtung im Wartungsfall zu rechnen ist.
- Für häufig zu lösende Verbindungen müssen Stecker/Kontakte mit einer max. Steckzyklenzahl von 1.000 und aufwärts gewählt werden. Solche Verbindungen sind typischerweise im Laborumfeld zu finden, wo mehrmals täglich die Verkabelung verändert wird und trotzdem über Jahre qualitativ hochwertiger Kontakt sichergestellt sein muss.
- Bei der Handhabung und insbesondere Konfektionierung von Steckern/Kontakten ist streng darauf zu achten, dass auch bei Low-Tech Verbindungen (offene Litze, Käfigzugfeder/Push-In) der Kontakt mit Handschweiß/Flüssigkeiten vermieden wird. Saure/Alkalische Flüssigkeiten können sehr aggressiv auf die Kontaktoberflächen einwirken und führen dort schnell zu Gefügeveränderungen und Oxidationsschichten. Diese wirken äußerst störend im analogen Messbetrieb, insbesondere da sie die Reproduzierbarkeit von Messungen untergraben und damit (wenn bekannt) eine sehr große systematische Messunsicherheit bewirken. Gegebenenfalls kann eine nachfolgende gründliche Reinigung vorgesehen werden.
- Die auftretende/erwartete Belastung im Betrieb muss dringend bei der Steckerauswahl bedacht werden.
- Außerordentliche Schwingungen können zu Mikroreibung/Korrosion führen und die elektrischen Eigenschaften verändern, bis zum vollständigen Kontaktabbruch.
- Temperatur hat Einfluss u.a. auf die mechanische Festigkeit der Verbindung und die Federkräfte in metallischen Komponenten.
- Gas/Flüssigkeitseinwirkung kann die Verbindung schädigen, insbesondere wenn sie in den eigentlichen Kontaktbereich dringt und dort nicht mehr entweichen kann.
- Im analogen Messtechnischen Bereich ist die elektrische Qualität der Verbindung, sowohl kurzzeitig im Inbetriebnahmefall als auch über die Lebensdauer unter äußeren Einflüssen und ggf. wiederholten Steckzyklen von hoher Relevanz. Dies drückt sich in der Wiederholpräzision des Übergangs aus, der Einfluss ist gegen die gesetzten Genauigkeitserwartungen zu prüfen. Hauptsächlich ist dort der (frequenzabhängige) Kontaktwiderstand relevant; Effekte können sein:
- Durch Erhöhung des Kontaktwiderstands kommt es bei Stromübertragung zu Spannungsabfall und damit gegebenenfalls kritischer Eigenerwärmung
- Der interne Spannungsabfall kann entsprechende Messungen verfälschen. Um Auswirkungen zu vermeiden sind 4/5/6-Leiter-Verbindungen in der DMS/Widerstandmessung vorzusehen, da nicht-stromführende Kontakte keinen verfälschenden Spannungsabfall mehr aufweisen. Die beliebte 3-Leiter-Verbindung bei Widerstandsmessung (PT100, PT1000 etc.) ist kein absoluter Schutz da die singuläre Leitung nicht diagnostiziert werden kann. Strom/Spannungsmessungen im industriellen Umfeld sind weniger sensibel auf Kontaktveränderungen.
- Bei schadhafter Kontaktoberfläche kann es je nach Kontaktlage zu zufälligen Widerstandsverhältnissen kommen, je nach Lage/Temperatur. Damit wird eine reproduzierbare Messung schwierig.
- Der Aufwand für die Herstellung der Verbindung, das Konfektionieren der Leitungen/Stecker, steigt in der Regel mit dem Anspruch an die Übertragungsqualität. Dies betrifft die benötigten Werkzeuge, Sorgfalt der Ausführung und Zeitbedarf. Beispiele:
- Die in der Automatisierungstechnik übliche Käfigzugfeder/Push-In-Verbindung (Beispiel Beckhoff EL-Klemmen) ist in wenigen Sekunden mit oder ohne Aderendhülse hergestellt oder gelöst, ein Schraubendreher oder Drückstift ist ausreichend. Dafür ist die (ohmsche) Wiederholgenauigkeit oft nicht ausreichend für hochpräzise Messungen im DMS/R-Bereich.
- Zur Konfektionierung eines Labor-üblichen LEMO/ODU-Steckers (Beispiel Beckhoff ELM3704-0001) sind einige 10 Minuten und Kosten von einigen 10 € anzusetzen - je nach Polzahl. Dafür erhält man höchstwertige Verbindungstechnik mit hoher zugelassener Steckzyklenzahl.
- Eine Zwischenform können feldkonfektionierbare M8/M12-Verbindungen sein. Aus Dichtigkeitsgründen sind sie aufwendiger zu konfektionieren (ggf. löten oder Schneidklemmtechnik), von der Steckzyklenzahl sind sie oft eher im Bereich der Wartungsstecker anzusiedeln.
- Eine konfektionierte Verbindung sollte vor Inbetriebnahme elektrisch/mechanisch geprüft werden: Sichtkontrolle, Auszugstest, Crimphöhenmessung, Widerstandsmessung etc.