Grundlagen zur Funktion
Mit den Analogeingangsklemmen EL3702/ EL3742 können zwei Spannungen/Ströme gemessen und mit einer Auflösung von 16 Bit (65535 Schritte) dargestellt werden.
Durch die Oversampling-Eigenschaft kann die Klemme auf jedem Kanal mehrmals je Buszyklus analoge Eingangswerte erfassen.
Oversampling
Eine herkömmliche analoge Eingangsklemme erfasst mit jedem Buszyklus einen analogen Eingangswert ("Sample") und gibt ihn im nächsten Feldbuszyklus an die übergeordnete Steuerung weiter. Die EL37x2 erfasst zwischen zwei Feldbuskommunikationszyklen konfigurierbar und zeitäquidistant mehrmals die anliegende Spannung. Die Übergabe eines Pakets von x analogen Messwerten von je 16 Bit an die übergeordnete Steuerung findet im nächsten Feldbuskommunikationszyklus statt. Dieses Verfahren wird "Oversampling" genannt.
Distributed Clock
Für das Oversampling ist ein Taktgeber in der Klemme nötig, der die einzelnen Messwerterfassungen auslöst. Dazu wird die lokale Uhr in der Klemme genutzt, genannt Distributed Clock.
Die Distributed Clock stellt eine lokale Uhr im EtherCAT Slave Controller (ESC) dar mit den Eigenschaften:
- Einheit 1 ns.
- Nullpunkt 1.1.2000 00:00.
- Umfang 64 Bit (ausreichend für die nächsten 584 Jahre); manche EtherCAT-Slaves unterstützen jedoch nur einen Umfang von 32 Bit, d.h. nach ca. 4,2 Sekunden läuft die Variable über.
- Diese lokale Uhr wird vom EtherCAT Master automatisch mit der Master Clock im EtherCAT Bus mit einer Genauigkeit < 100 ns synchronisiert.
In der EL37x2 ist nur ein Umfang von 32 Bit realisiert.
Beispiel:
Der Feldbus/EtherCAT Master wird mit 1 ms Zykluszeit betrieben weil z. B. die übergeordnete SPS mit 1 ms Zykluszeit betrieben wird. Damit wird alle 1 ms ein EtherCAT-Frame zur Abholung der Prozessdaten der EL37x2 geschickt. Im ESC wird deshalb durch die lokale Uhr in der Klemme alle 1 ms (1 kHz) ein Interrupt ausgelöst, der die Prozessdaten rechtzeitig für den abholenden EtherCAT-Frame bereitstellt. Dieses erste Interrupt wird SYNC1 genannt.
Die EL37x2 sei im TwinCAT System Manager auf ein Oversampling n = 10 eingestellt. Dadurch generiert der ESC in der Klemme einen zweiten Interrupt mit einer n-fach höheren Frequenz, hier also 10 kHz oder 100 µs Periode. Dieses Interrupt wird SYNC0 genannt. Bei jedem SYNC0-Signal wird eine Messwerterfassung durch den Analog-to-Digital-Converter (ADC) gestartet, die ermittelten analogen Messwerte nacheinander in einem Puffer abgelegt.
![]() | Ermittlung der Eingangsspannungen/Eingangsströme Beide Eingangsspannungen/Eingangsströme (von Kanal 1 und 2) werden immer gleichzeitig ermittelt. Dies gewährleistet die Bauart des ADC, der durch den SYNC0-Puls angestoßen wird. Eine andere Betriebsart ist nicht möglich. |
Durch die Generierung des SYNC0-Pulses aus der lokalen synchronisierten Uhr im Distributed-Clocks-Verbund ist gewährleistet, dass die Erfassung der analogen Messwerte in zeitlich hochkonstant gleichen Abständen mit der Periode des SYNC1-Pulses erfolgt.
Der maximale Oversamplingfaktor ist abhängig vom Speicherumfang des eingesetzten ESC und beträgt bei der EL37x2 in der Version KKYY0000 n = 100.
![]() | Maximale Samplingfrequenz Eine kleinere Periode als 10 µs ist für die EL37x2 nicht zulässig! Die maximale Samplingfrequenz beträgt für die EL37x2 also 100 kSps (Samples per second). Beispiel: 187.500 µs ist zulässig, 333.3 nicht! |
Beispiel:
Bei SYNC1 = 1 ms sind Oversamplingfaktoren wie 1,2,5 oder 100 zulässig, nicht aber 3! Wird mit unplausiblen Werten gearbeitet, erreicht die Klemme zwar den OP-State, liefert aber keine Prozessdaten. Dies drückt sich ggf. auch durch einen Working Counter Error aus.
Die im Puffer gesammelten Messwerte von je 16 bit Umfang werden als Paket an die übergeordnete Steuerung übergeben. Bei 2 Kanälen und n = 100 werden so je EtherCAT-Zyklus 2 x 2 x 100 = 400 Byte Prozessdaten übermittelt.
Zeitbezogene Zusammenarbeit mit anderen Klemmen
Die Messwerterfassung des ADC in der EL37x2 wird durch einen Interrupt ausgelöst, der von der lokalen Uhr in der Klemme generiert wird. Alle lokalen Uhren in den unterstützenden EtherCAT-Slaves sind synchronisiert. Dadurch ist es möglich, EtherCAT-Slaves (hier: Klemmen) unabhängig von ihrer jeweiligen Entfernung untereinander gleichzeitig ihre Messwerte erfassen zu lassen (gleichzeitige Interrupterzeugung). Diese Gleichzeitigkeit liegt im Rahmen der Distributed-Clocks-Genauigkeit von < 100 ns.
Beispiel:
Abstimmung zweier EL37x2 untereinander:
Der EtherCAT Master wie z. B. Beckhoff TwinCAT konfiguriert beide EL37x2 so, dass ihre SYNC1 zum gleichen Zeitpunkt auftreten. Annahme: die EtherCAT-Buszykluszeit ist 500 µs. Somit wird der SYNC1 in allen EL37x2 alle 500 µs ausgelöst. Wenn beide Klemmen mit einem übereinstimmenden Oversamplingfaktor (z. B. 20) arbeiten, wird auch der mit dem SYNC1 korrelierende SYNC0-Puls in allen EL37x2 zur gleichen Zeit auftreten, hier also alle 25 µs. Eine Einsatzmöglichkeit wäre z. B. ein über eine weitläufige Anlage "verteiltes" Oszilloskop, hier mit einer Erfassungsfrequenz von 40 kSps.
Werden in den eingesetzten EL37x2 verschiedene Oversamplingfaktoren verwendet, treten deren SYNC0-Pulse nicht mehr gleichzeitig auf. Der übergeordnete SYNC1-Puls bleibt bestehen.
Wird im TwinCAT System Manager (Karteireiter "DC", "Advanced Settings") bei einer EL37x2 für den SYNC0-Puls ein Wert bei "Shift Time (µs)" eingetragen, wird die so manipulierte EL37x2 ihre Messwerte um den eingestellten Wert früher oder später erfassen. Dies kann sinnvoll sein, wenn z. B. ein Nutzsignal mit einer höheren Frequenz als die für die EL37x2 zulässigen 100 kSps erfasst werden soll und dazu mehrere EL37x2 in einem zeitversetzten Verbund betrieben werden.
Beispiel:
Zur Erfassung eines Nutzsignales mit 200 kSps werden zwei EL37x2 nebeneinander eingesetzt und mit demselben Nutzsignal beaufschlagt (z. B. jeweils Kanal 1 in beiden Klemmen). Der Buszyklus sei 1 ms, der Oversamplingfaktor in beiden EL37x2 n = 100 und damit maximal schnell mit 10 µs Abstand bzw. 100 kSps. In der zweiten EL37x2 wird nun im System Manager (Karteireiter "DC", "Advanced Settings", "SYNC0", "User Defined") eine Shift Time für den SYNC0-Puls dieser Klemme von 5 µs zusätzlich manuell eingetragen. Dadurch wird der jeder SYNC0-Puls dieser EL37x2 um 5 µs später erfolgen als der der ersten EL37x2.
![]() | Synchronisation und Bereitstellung der Prozessdaten Da der SYNC1-Puls aus dem SYNC0-Puls abgeleitet wird, wird auch jeder SYNC1-Puls der zweiten EL37x2 um 5 µs nach dem SYNC1-Puls der ersten EL37x2 erfolgen. Bitte beachten Sie, dass dies ggf. Einfluss auf die rechtzeitige Bereitstellung der Prozessdaten für den EtherCAT-Frame haben kann, da dies vom SYNC1-Puls gesteuert wird! |
Beide Klemmen übermitteln nun jeweils ein Paket von 400 Byte Prozessdaten an die übergeordnete Steuerung. Werden diese beiden zeitlich um 5 µs versetzten Messwertsammlungen von je 1 ms Länge in der Steuerung chronologisch richtig sortiert, wurde das Nutzsignal transparent mit 200 kSps erfasst.
Die konkrete Anwendung dieser Funktionen mit dem Beckhoff TwinCAT System Manager wird im Kapitel Prozessdaten und Konfiguration beschrieben.
![]() | SYNC0 und SYNC1 Impuls mit mehreren EtherCAT Slaves Dieses Vorgehen der Abstimmung der SYNC0 bzw. SYNC1-Pulse mehrerer EtherCAT-Slaves ist nicht auf die EL37x2 beschränkt. |
Hinweis | |
Achtung! Beschädigung der Geräte möglich! Die voranstehenden Hinweise und Erläuterungen sollten mit Bedacht angewendet werden! |
Zeitstempel der Prozessdaten
Die EL37xx kann bei Bedarf einen "Zeitstempel" für jeden Prozessdatenblock mitliefern. Dieses Prozessdatum ist als StartTimeNextLatch durch die Aktivierung von 0x1B10 im Reiter Prozessdaten als 32-Bit-Wert aktivierbar, siehe auch die Seite Prozessdaten.

Dabei ist der in jedem Zyklus übertragene Datenblock Samplewerte+Zeitstempel nicht zusammenhörig, wie der Name schon nahe legt. Der Zusammenhang ist in Abb. Zeitlicher Zusammenhang SYNC-Signale und SyncManager-Interrupt dargestellt. Zur Erläuterung:
- dargestellt ist ein Beispiel für Oversamplingfaktor = 5
- das SYNC0-Signal in der Klemme triggert die AD-Wandlung und füllt den internen Puffer mit 5 Messwerten (A)
- Synchron mit der Zykluszeit läuft SYNC1, der die Bereitstellung des gefüllten Puffer als Prozessdatum auslöst und gleichzeitig den StartTimeNextLatch aus der lokalen DistributedClock holt (B)
- dabei wird der data-Block zusammen mit der übernächsten LatchTime zusammengestellt
- der nächste EtherCAT-Zyklus holt diese Daten ab (C)

Prozessdaten
Analogwerte werden wie folgt dargestellt:
Eingangssignal | Wert | |
---|---|---|
EL3702 | Dezimal | Hexadezimal |
-10 V | -32767 | 0x8001 |
+10 V | +32767 | 0x7FFF |
Eingangssignal | Wert | |
---|---|---|
EL3742 | Dezimal | Hexadezimal |
0 mA | 0 | 0x0000 |
20 mA | +32767 | 0x7FFF |
Die Klemme wird bei der Herstellung abgeglichen. Weitere Eingriffe des Anwenders sind nicht erforderlich.
Eingangscharakteristik
Die Eingangsschaltung dieser Klemme ist auf höherfrequente Signale bis etwa 30 kHz optimiert, d.h. die empfohlene Bandbreite des Nutzsignals beträgt 0 Hz bis 30 kHz im Bereich von -10 V bis +10 V bzw. 0 mA bis 20 mA. In diesem Frequenzbereich beträgt die typische Messgenauigkeit wie folgt:
< 10 Hz < 0,3% vom Messbereichsendwert
< 10 kHz < 1% vom Messbereichsendwert
< 30 kHz < 4% vom Messbereichsendwert
Insbesondere bei Nutzsignalen höherer Frequenzen ist auf eine ausreichend niedrige Impedanz des Signalgebers zu achten, damit Amplitudeneinbrüche (Dämpfungen wie z. B. beim Einsatz einfacher Signalgeneratoren) nicht zu fehlerhaften Messungen führen.
Beeinflussung durch störende Geräte
Beim Betrieb dieser schnellen analogen EtherCAT-Klemme können hochfrequente, überlagernde Signale von störenden Geräten (z. B. Proportionalventile, Schrittmotor- oder DC-Motor-Endstufen) von der Klemme erfasst werden. Um einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten, empfehlen wir den Einsatz getrennter Netzteile für die Klemmen und die Störungen verursachenden Geräte und eine Schirmung der verwendeten Leitungen.