Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde

Gerade in Bezug auf die verlässliche Nutzung analoger (Mess-) Signale ist ein sorgfältiger Umgang mit dem Begriff „Erde“ von Nöten. Die leitfähige Ankopplung von verschiedenen Potentialen wie z.B. dem Erdpotential an ein Gehäusepotential oder die Masse-Punkte von analogen Geräten kann dabei verschiedene Ziele haben:

  1. Erden als Schutzmaßnahme gegen das Auftreten von gefährlichen Berührspannungen (PE)
  2. Erden als Definition eines gemeinsamen Signalpotentials, um die Funktion z.B. von analogen Messungen zu gewährleisten
  3. Erden als Ableiten von einwirkenden Störungen oder selbst erzeugten Abstrahlungen (FE), Stichwort Störfestigkeit und Störaussendung

Es sollte im jeweiligen Fall geklärt werden, welches der o.a. Ziele durch Maßnahmen erreicht werden soll. Die für den jeweiligen Fall herangezogenen Bezugsmassen können wiederum auf unterschiedlichen Potentialen liegen!

Die im Folgenden geschilderten Beobachtungen, Maßnahmen und Effekte beziehen sich vorrangig auf 3. „FE/Funktionserde“ unter Ansehung der Erfordernisse von 2. „gemeinsame Bezugspotentiale“. Angaben und Vorgaben zu 1. „PE“ sind im einschlägigen Richtlinienwerk wie VDE0100 u.a. zu entnehmen und nicht Teil diese analogspezifischen Betrachtung. Der Schwerpunkt und Anwendungsbereich der folgenden Hinweise liegt im Bereich der analogen Signalübertragung.

Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 1:

Begriffe „Schutzerde“ und „Funktionserde“

In diesem Abschnitt wird vorrangig die Funktionserde (functional earth, FE,
Symbol: Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 2:) als funktionsrelevanter regulärer Bestandteil einer Installation betrachtet, im Gegensatz zur Schutzerde (protective earth, PE, Symbol: Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 3:) die Schutz von Menschen vor unzulässig hoher Berührspannung bietet.

Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 4:

Zum vorliegenden Dokument

Die in diesem Dokument angegebenen Hinweise sind allgemeine informative Empfehlungen aus der Praxis ohne Berücksichtigung der jeweiligen anlagentypischen Besonderheiten. Sie sind vor allem als Sammlung an technischen Lösungsmöglichkeiten zu sehen. Es ist vom Anlagenhersteller zu prüfen, inwieweit o.a. Maßnahmen für seine Anlage zutreffend sind und welche der vorgeschlagenen Maßnahmen dann getroffen werden müssen. Dazu sind verschiedene Mess- und Prüfungsverfahren einzusetzen und bei existierenden Problemen ist genau zu untersuchen, wo Auslöser und Fehlerort sind.
Dieses Dokument versucht eine komplexe Thematik zu bedienen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Anregungen oder kritische Anmerkungen nehmen wir gerne entgegen.

Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 5:

Blitzschutz

Blitzschutzaspekte werden hier nicht betrachtet.

Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 6:

Explosionsgefährdete Bereiche

In Explosionsgefährdeten Bereichen und bei Zuleitungen zu diesen Bereichen sind ggf. besondere Vorschriften zu beachten, diese sind nicht Bestandteil dieses Dokuments.

Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 7:

Verweis auf individuelle Dokumente

Besondere Hinweise und Dokumentationen zu den eingesetzten Geräten sind zu beachten.

Empfohlenes Vorgehen bei Vorliegen einer Auffälligkeit

  1. Informieren Sie sich z.B. mit diesem Dokument, öffentlichen Dokumenten/Normen und Herstellerdokumentationen über Hintergründe und praktische Ausprägungen von EMV-Störungen.
    Machen Sie sich das Wirkprinzip Störquelle → Übertragungspfad → Störsenke bewusst.
  2. Grenzen Sie mit den angegebenen Diagnosemethoden die Störungssenke ein, also den Ort/das Gerät, das nicht ordnungsgemäß funktioniert
  3. Überlegen Sie, wie die Störung in Ansehung der Hintergrundinformationen aus 1. zustande kommen kann
  4. Wenden Sie die angegebenen Hinweise und Lösungsvorschläge in Abwägung der anlagenspezifischen Möglichkeiten oder normativen Vorgaben/Einschränkungen an. Es wird empfohlen, immer nur eine Komponente zu verändern, um die Wirksamkeit der Maßnahme zu verifizieren.
  5. Prüfen Sie mit den angegebenen Diagnosemethoden zeitgleich, ob damit die Störquelle bzw. der Übertragungspfad gefunden ist.

Wirkungskette: Störquelle – Kopplung – Störsenke

Die unerwünschte Auswirkung einer Störquelle über die Kopplung auf eine Störsenke kann durch im Folgenden angesprochene Maßnahmen verringert oder ganz unterdrückt werden. Durch die Störung wird ein Nutzsignal verändert, im schlechtesten Fall kann der Nutzsignalempfänger den Informationsgehalt nicht mehr auswerten oder wird durch die veränderte Amplitude/Frequenz in seinem Betrieb gestört oder sogar elektrisch beschädigt.

Die Störung kann leitungsgebunden oder strahlungsgebunden übertragen werden.

Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 8:

Ein Gerät kann gleichzeitig als Störquelle und Störsenke (je nach Wirkrichtung) auftreten.

Ein Kabel/Gerät wirkt als Störquelle Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 9:durch starke/schwache Störwirkung (Emissionen, Störaussendung) z.B. wegen

Ein Kabel/Gerät wirkt als Störsenke Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 10:durch starke/schwache Störempfindlichkeit, also ungenügender Störfestigkeit z.B. wegen

Im Allgemeinen existieren folgende beispielhafte Mechanismen, eine Störung in das Nutzsignal einzukoppeln:

Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 11:

Hier können abschirmende Maßnahmen oder die Verhinderung der Störentstehung Abhilfe schaffen.

Galvanische Kopplung – Maßnahmen gegen Übertragung:

Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 13:

Kapazitive Kopplung – Maßnahmen gegen Übertragung:

Induktive Kopplung – Maßnahmen gegen Übertragung:

Strahlungskopplung - Maßnahmen:

Gemeinsame Signalpotentiale, Grundlegende Maßnahmen und Hinweise

In manchen Einsatzfällen müssen Bezugspotentiale von verschiedenen Geräten verbunden werden z.B. um eine Messung durchführen zu können.

FE/Abschirmung, Grundlegende Maßnahmen und Hinweise

Obige Ausführungen einbeziehend folgt nun eine Auflistung von beispielhaften Maßnahmen, die zur Verringerung von Störeinflüssen beachtet werden können.

Nutzsignalführung

 

- niederimpedant/ niederohmig → möglichst großer Querschnitt, feindrähtig, ggf. Masseband
- kurze Leitungen
- großflächig kontaktiert, ggf. EMV Dichtung
- möglichst 360° umfassend
- metallisch leitende Komponenten ohne Schmutz, Lack, Fett, Oxidschicht

Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 15:

 

- PigTails (am Ende zusammengedrilltes Geflecht oder am Geflecht angebrachter Draht) verschlechtern deutlich die Wirksamkeit der Schirmanbindung. Grundsätzlich ist - insbesondere hinsichtlich zu den Anforderungen an die Störfestigkeit - davon abzuraten.

Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 16:

Beckhoff bietet dazu das ZB8500 Schirmanschlusssystem. Siehe auch Kapitel „Schirmkonzept“.

Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 17:
Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 18:

 

Der Koppelkondensator C muss eine ausreichende Spannungsfestigkeit aufweisen. Ggf. kann ein Widerstand R im MΩ-Bereich parallel zum Kondensator geschaltet werden.

VORSICHT

Beim explosionsgefährdeten Bereich

Besondere Vorschriften im explosionsgefährdeten Bereich beachten!

Analogtechnische Hinweise - Schirm und Erde 22:

Ausgleich bei Potentialdifferenz

Zusätzliche Schutzmaßnahmen

Praxisnahe Diagnosemethoden der Anlagenüberprüfung

Im Folgenden sind einige Möglichkeiten der Wirksamkeitsüberprüfung von Abschirmmaßnahmen gelistet: